Einladung zum Vorstellungsgespräch: zum Chancenvorteil von Schwerbehinderten

vorstellungsgespräch

Ein schwerbehinderter Mann bewarb sich schriftlich auf eine öffentliche Stellenausschreibung eines Landkreises, in der ein Projektmanager gesucht wurde. In der Bewerbung erläuterte der Mann seine bisherigen Tätigkeiten und wies auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hin. Einige Wochen später wurde der Mann per Mail zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen; wörtlich enthielt die Einladung folgende Passage: „Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie trotz der geringen Erfolgsaussichten ein Bewerbungsgespräch wünschen und die doch längere Anreise auf sich nehmen“.

Hierauf antwortete der Kläger nicht, später wurde ihm der genaue Termin des Vorstellungsgesprächs per Mail mitgeteilt. Auch hierauf reagierte er nicht.

In der Folge machte er jedoch einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 S. 2 AGG geltend, da er sich durch die Formulierung der Mail diskriminiert fühlte. Zwar sei er zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden, dies sei jedoch im Hinblick auf die vorab mitgeteilten geringen Erfolgsaussichten bloße Formsache gewesen. Zunächst forderte der Mann knapp 6500 €, später reduzierte er die Forderung auf 2100 €.

LAG: Arbeitgeber muss Chancenvorteil beim Vorstellungsgespräch wahren

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt (Urteil vom 03.11.2014; Az.: 1 Sa 13/14). Der öffentliche Arbeitgeber müsse gem. § 82 S. 2,3 SGB XI schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen, es sei denn die fachliche Qualifikation fehle eindeutig. Diesen Chancenvorteil mache er jedoch massiv zunichte, wenn er bereits bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch deutlich mache, dass die schriftliche Bewerbung so gut wie keine Erfolgsaussichten habe. Eine solche abschreckende Einladung begründe die Vermutung der Benachteiligung aufgrund der Behinderung nach § 22 AGG.

Der Kläger habe deswegen einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe eines Bruttomonatsgehalts.