Gemeinsames Sorgerecht

Nach § 1627 des Bürgerlichen Gesetzbuches haben Eltern das Sorgerecht in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, müssen sie versuchen, sich zu einigen.

Nach deutschem Recht haben Eltern also grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht für ein gemeinsames Kind – das gilt allerdings nur für verheiratete Elternpaare. Sind die Eltern nicht verheiratet, hat zunächst die Mutter das alleinige Sorgerecht für das Kind. Die Eltern können jedoch beim zuständigen Jugendamt die Vaterschaft anerkennen lassen und eine sogenannte Sorgerechtserklärung abgeben. Nach Abgabe dieser Erklärung steht beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht zu. Ist die Mutter mit der Abgabe dieser Erklärung nicht einverstanden, kann der Vater nach einem wegweisenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von Juli 2010 sein Sorgerecht aber einklagen. Seit Mai 2013 genügt außerdem eine sogenannte tragfähige soziale Beziehung zur Mutter, um dem Vater das Sorgerecht zu ermöglichen – auch wenn die Mutter nicht zustimmt. Zentral ist damit nicht der Wille der Mutter, sondern das Wohl das Kindes.

Leben die Elternteile zusammen, ist die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts meist unproblematisch. Wichtige Entscheidungen im Leben des Kindes werden grundsätzlich im Einvernehmen getroffen und Unstimmigkeiten außerhalb von Gerichtssälen geklärt. Leben beide Elternteile jedoch getrennt voneinander, sorgt das gemeinsame Sorgerecht schnell für Streitigkeiten.

Teil des Sorgerechts ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Dies bedeutet, dass beide Elternteile nur gemeinsam darüber entscheiden können, wo und wie lange sich das minderjährige Kind aufhalten und wo es wohnen darf. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht bedeutet aber nicht, dass vor jedem auch noch so kurzzeitigen Ortswechsel des Kindes die Genehmigung des anderen Elternteils eingeholt werden muss. So kann die Teilnahme an einer Sportveranstaltung oder an einem Konzert – soweit es dem Kindeswohl entspricht – auch von einem Elternteil allein entschieden werden. Ferien im Ausland oder ein Urlaub mit einem Elternteil müssen aber grundsätzlich von beiden erlaubt werden.

In diesem Zusammenhang kommt es häufig dann zu Unstimmigkeiten, wenn das Kind dauerhaft zum anderen Elternteil ziehen möchte. Ohne Zustimmung beider Elternteile kann ein solcher Umzug grundsätzlich nicht durchgesetzt werden. Kommt es zu keinem Einverständnis, entscheidet im Zweifel das Familiengericht in dem es ermittelt, welcher Wohnort dem Kindeswohl am meisten entspricht.

Zum Sorgerecht gehört außerdem, die Gesundheit des Kindes zu schützen. Neben Impfungen und Arztbesuchen zählen hierzu auch Ernährung und körperliche Bewegung. Zu diesen Themen gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die meist zu Gunsten desjenigen Elternteils ausfallen, bei dem das Kind lebt. Der betreuende Elternteil darf nämlich alleine darüber entscheiden, welche Ernährung er für das Kind für richtig hält und welche Sportart ausgeübt werden kann. Solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist, kann das gemeinsame Sorgerecht nicht bewirken, dass beispielsweise kein Fast-Food mehr gegessen wird oder das das Kind Mitglied im Sportverein ist. Diese sogenannten Angelegenheiten der täglichen Betreuung dürfen von einem Elternteil alleine entschieden werden. Hierzu gehören beispielsweise auch die konkrete Schlafenszeit oder Fragen des Medienkonsums.

Das gemeinsame Sorgerecht wird wiederum aber dann relevant, wenn medizinische Entscheidungen, sei es auch nur die Routineuntersuchung beim Zahlarzt, geplant werden.   Auch weitreichende Entscheidungen, etwa die Anschaffung eines Haustiers, die Wahl der Schulform oder die Annahme einer Erbschaft, müssen im Einvernehmen beider Elternteile getroffen werden.

Wenn sich die Elternteile nicht einigen können, kann das Familiengericht die Entscheidung ersetzen. Insbesondere entscheidet es auch darüber, ob das gemeinsame Sorgerecht beibehalten werden sollte. Besonders, wenn zwischen beiden Elternteile derartige Differenzen bestehen, die das Kindeswohl gefährden, besteht die Chance, das alleinige Sorgerecht zu erhalten.