Geld versteckt: Verdachtskündigung eines Bank-Mitarbeiters rechtswidrig

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Der Kläger arbeitet seit 1982 bei der Beklagten, einer Hamburgischen Bank. Er war zuletzt augfgrund einer Arbeitnehmerüberlassung bei einem Tochterunternehmen der Bank eingesetzt und dort als Packer im Bereich des Cash-Centers tätig. Aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit ist der Kläger tarifvertraglich ordentlich unkündbar.

Zu den den Aufgaben des Klägers gehörte es, von einem Kommissionierer vorgezählte Bargeldbeträge gegenzuzählen und sodann in sogenannte Safebags zu verpacken, die dann später an Geldautomaten ausgeliefert werden. Der Arbeitsbereich ist Kamera überwacht. Im Rahmen eines Packvorganges versteckte der Kläger unstreitig ein Geldbündel von 100 Zehneuroscheinen unter einem Zählbrett. Zum Ende des Arbeitstages holte der Kläger das Geldbündel dann wieder hervor. Gleichzeitig war es am selben Tag zu einem Zählfehler bei einem der Safebags gekommen, in dem 1000 Euro fehlten. Die anwesenden Mitarbeiter mussten sodann die gepackten Safebags durchsuchen um den Safebag mit dem Fehlbetrag zu ermitteln. Diese Suche nahm ca. 90 Minuten in Anspruch. Ein Kollege berichtete der Beklagten später, er habe beobachtet, wie der Kläger das Geld versteckte, dieser müsse das auch bemerkt haben.

Nachdem die Beklagte von dem Vorfall Kenntnis erlangt hatte, befragte sie zunächst den Kläger. Dieser erklärte, er habe sich an dem betreffenden Tag einen Spaß erlauben und die Kollegen ärgern wollen. Er habe nicht damit gerechnet, dass es so lange dauern würde, den Fehlbetrag aufzufinden. Die Beklagte glaubte dem Kläger jedoch nicht. Sie ging davon aus, dass der Kläger zunächst einen Zählfehler des Kommissionierers bemerkt und sodann den Entschluss gefasst habe, dass Geld zu verstecken. Nach Feierabend habe er dann an den Arbeitsplatz zurückkehren und das Geld an sich bringen wollen. Der Kläger wies diese Behauptung von sich, er habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt Geld zu unterschlagen, ein solcher Plan wäre aufgrund der Kameraüberwachung und der späteren Nachkontrolle auch gar nicht realisierbar gewesen. Er habe zudem nicht bemerkt, von dem Kollegen beim Verstecken des Geldes beobachtet worden zu sein.

Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristlos mit sozialer Auslauffrist. Hiergegen wehrte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.

Arbeitsgericht: Verdachtskündigung rechtswidrig

Das Arbeitsgericht Hamburg gab dem Kläger Recht und erklärte die ausgesprochenen Kündigungen für unbegründet (Urteil vom 25.11.2014, 17 Ca 181/14). Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, dass eine Tatkündigung nicht in Betracht komme, da das Verstecken des Geldes nicht als Sabotage des Arbeitsvorganges gewertet werden können. Auch eine sogenannte Verdachtskündigung sei nicht gerechtfertigt. Bei einer Verdachtskündigung kann schon der begründete Verdacht einer Straftat die Kündigung rechtfertigen, sofern es aufgrund der Gesamtumstände hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass der Arbeitnehmer eine Straftat versucht oder begangen hat. Hieran fehlte es nach Ansicht des Arbeitsgerichts allerdings vorliegend. Die Beklagte legte gegen die erstinstanzliche Entscheidung Berufung ein.

Verdachtskündigung

Landesarbeitsgericht bestätigt erstinstanzliche Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts jetzt bestätigt (Urteil vom 28.05.2015, 1 Sa 42/14). Auch der Senat des Landesarbeitsgerichts kam zu dem Ergebnis, dass die Kündigungen nicht gerechtfertigt waren. Im Hinblick auf das unstreitige Verstecken des Geldes haben die Richter offengelassen, ob dieses vertragswidrige Verhalten an sich eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte. Jedenfalls fehlte es aber an einer vorherigen Abmahnung, die grundsätzlich erforderlich und in dem vorliegenden Fall auch nicht entbehrlich war. Für den Ausspruch einer Verdachtskündigung sah der Senat ebenfalls keine Grundlage. Einen ausreichenden Verdacht dafür, dass der Kläger das von ihm versteckte Geldbündel entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt an sich nehmen wollte, bestehe nicht. Dies gelte insbesondere in Anbetracht der zwischen den Parteien unstreitigen Kenntnis des Klägers von der Überwachung des Zählraumes durch eine Videokamera und die soziale Kontrolle durch vor Ort anwesende Arbeitskollegen. Das LAG für in diesem Zusammenhang aus:

Da das Verhalten des Klägers ebenso gut durch ein anderes Geschehen erklärbar ist, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für die Annahme, der Kläger habe durch den Versuch einer strafbaren Handlung bzw. durch ein erhebliches arbeitsvertragswidriges Verhalten das erforderliche Vertrauen in einem für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund hinreichenden Maße zerstört.