Trotz Vorfahrt: Autofahrer trägt Mitschuld bei Kollision mit Fahrradfahrer

IMG_5753

Das Oberlandesgericht in Schleswig hat jetzt in einem aktuellen Fall entschieden, dass ein Autofahrer auch dann Mitschuld an einem Zusammenst0ß haben kann, wenn der Fahrradfahrer die Vorfahrt des Autofahrers verletzt (OLG Schleswig, 7 U 153/13).
Zum Fall: eine zum Unfallzeitpunkt 14-jährige Schülerin hatte mit ihrem Fahrrad im Bereich einer sogenannten Querungshilfe die Fahrbahn fahrend überquert. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß mit einem herannahenden Pkw. In dem Bereich der Querungshilfe war die Radfahrerin grundsätzlich wartepflichtig gewesen. Die Schülerin erlitt durch den Sturz auf die Straße eine Schulterverletzung, zudem entstand Sachschaden an dem Fahrrad und dem Pkw. Der Eigentümer des Pkw erhob daraufhin Klage gegen die Schülerin wegen des Schadens an seinem Auto, die Schülerin erhob Widerklage und begehrte Schmerzensgeld wegen ihrer Personenschäden.

Landgericht gibt dem Autofahrer Recht

Das Landgericht Kiel entschied erstinstanzlich, dass die Schülerin das alleinige Verschulden an dem Unfall zu tragen habe. Diese haben derart gegen ihre Pflichten aus §§ 9 und 10 StVO verstoßen, dass eine mögliche Betriebsgefahr der Autofahrerin dahinter zurücktrete. Das Landgericht unterließ es dabei, das von der Schülerin angebotene Sachverständigengutachten zum Unfallhergang einzuholen. Die Schülerin legte deshalb Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein.

OLG: der Autofahrer haftet zu 2/3

Die Das OLG Schleswig hat das erstinstanzliche Urteil jetzt teilweise aufgehoben und der Schülerin ein Schmerzensgeld von 7.000,00 Euro zugesprochen. Nach Ansicht des erkennenden Senats lag angesichts der Gesamtumstände eine erhöhte Betriebsgefahr der Autofahrerin vor, die Haftungsquote beurteilten die Richter mit 2/3 zulasten des Fahrerin. Zuvor hatte das OLG das erstinstanzlich versäumte Sachverständigengutachten zur Frage des Unfallhergangs eingeholt. Nach den Feststellungen des Gutachters stand nach Ansicht der Richter fest, dass die Fahrerin den Zusammenstoß mit dem Fahrrad hätte vermeiden können, wenn sie in der konkreten Verkehrssituation die erforderliche Aufmerksamkeit an den Tag gelegt hätte. Schon das schlichte Vorhandensein eines Fahrradfahrers am Fahrbahnrand verlange von einem Autofahrer zumindest Aufmerksamkeit und Bremsbereitschaft. Vorliegend sei die Fahrerin jedoch grob unaufmerksam gewesen und habe auf den Unfall deshalb erst reagieren können, als es schon zu spät war.