Vorsorgevollmacht: die wichtigsten Fragen und Antworten

In unruhigen Zeiten steigt das Bedürfnis der Menschen nach Absicherung. Neben der finanzielle Vorsorge steht dabei mehr und mehr auch die rechtliche Vorsorge für das Alter im Mittelpunkt. Es ist Ausdruck der menschlichen Selbstbestimmung, Fragen der Vermögens- und Gesundheitssorge selbständig und eigenbestimmt zu regeln. Der Gesetzgeber gibt den Bürgern dabei verschiedene Instrumentarien an die Hand, eines der wichtigsten ist die Vorsorgevollmacht. In diesem Beitrag wollen wir die wichtigsten Fragen zur Vorsorgevollmacht beantworten.

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Unter einer Vorsorgevollmacht versteht man die Bevollmächtigung einer Vertrauensperson in den Bereichen der Vermögenssorge und Gesundheitssorge. Die Vorsorgevollmacht ist dabei fast immer als Generalvollmacht ausgestaltet, d.h., dass dem Vollmachtnehmer ganz weitgehende Befugnisse eingeräumt werden. Dies ist aber nicht zwingend, der Vollmachtgeber kann die Vollmacht auch einschränken und bestimmte Bereiche von der Vollmacht ausnehmen. Was im Einzelfall sinnvoll ist, muss immer anhand der besonderen Lebensumstände geprüft und gut überlegt werden.

Wozu dient die Vorsorgevollmacht?

Die Vorsorgevollmacht soll dazu dienen, eine Betreuung zu vermeiden. Wird ein Bürger geschäftsunfähig (z.B. aufgrund Ater oder Krankheit), oder ist seine Geschäftsfähigkeit eingeschränkt, dann muss das zuständige Vormundschaftsgericht immer prüfen, ob ein Betreuer eingesetzt werden muss. Die Aufgabe des Betreuers ist es dann, für den Betreuten die Geschäfte wahrzunehmen, die dieser aufgrund der Einschränkungen seiner Geschäftsfähigkeit nicht mehr selbst vornehmen kann. Bei der Auswahl des einzusetzenden Betreuers muss das Vormundschaftsgericht zwar immer auch prüfen, ob aus dem privaten Umfeld des Betreuten eine geeignete Person als Betreuer zur Verfügung steht. In den meisten Fällen werden dennoch Berufsbetreuer eingesetzt, Personen also, zu denen der Betreute in der Regel keine persönliche Beziehung hat. Dieser Umstand erschwert häufig die Betreuungssituation, die Betroffenen wünschen sich, dass eine Vertrauensperson ihre Geschäfte wahrnimmt. Besteht eine Vorsorgevollmacht, dann kann diese die Einsetzung eines Betreuers überflüssig machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vollmacht dem Bevollmächtigten alle Befugnisse einräumt, die einem Betreuer zustehen, und der Bevollmächtigte nach Überzeugung des Vormundschaftsgerichts auch persönlich geeignet ist, sich um die Geschäfte des Vollmachtgebers zu kümmern. Es ist also möglich, im Rahmen der Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson einzusetzen, die wie ein Betreuer tätig wird.

Bedarf die Vorsorgevollmacht einer bestimmten Form?

Nein. Ein Vollmacht kann für die meisten Rechtsgeschäfte formlos, also auch mündlich erteilt werden. Allerdings gibt es Geschäftsbereiche, wo eine bestimmte Form erforderlich werden kann. So müssen beispielsweise alle Unterlagen, die beim Grundbuchamt eingereicht werden, wenigstens notariell beglaubigt worden sein. Gerade wenn Immobilen (Grundstücke oder Eigentumswohnungen) empfiehlt es sich deshalb, die Vollmacht notariell abzugeben.  Zudem haben mündlich erteilte Vollmachten im Rechtsverkehr praktisch keine Beweiskraft. Es ist daher immer sinnvoll, die Vollmacht wenigstens schriftich zu erteilen.

Ist eine notarielle Vorsorgevollmacht sinnvoll?

Der notariellen Form kommt im Rechtsverkehr die größte Beweiskraft zu. Wie bereits erläutert, gibt es Rechtsgeschäfte, bei denen eine bestimmte Form eingehalten werden muss (Immobilien). Die Erfahrung zeigt zudem, dass gerade Banken häufig auf Vorlage einer notariellen Vollmacht bestehen. Dies tun sie in aller Regel zu Unrecht, aber es ist anstrengend und zeitaufwendig, sich mit einem Kreditinstitut über die erforderliche Form einer Vollmacht zu streiten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, dass der Notar bei einer Beurkundung immer prüft, ob der Erschienene (in dem Fall der Vollmachtgeber) geschäftsfähig und somit rechtlich noch in der Lage ist, das betreffende Rechtsgeschäft zu tätigen. Der Rechtsverkehr kann deshalb davon ausgehen, dass der Vollmachtgeber zu dem Zeitpunkt, als er die Vollmacht erteilt hat, jedenfalls noch geschäftsfähig war. Diese Frage kann bei einer privatschriftlich erteilten Vollmacht dagegen durchaus problematisch sein. Auch vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, die Vorsorgevollmacht von einem Notar beurkunden zu lassen.

Was ist eine Betreuungsverfügung?

Bei der Betreuungsverfügung geht es darum, für den Fall, dass eine Betreuung unumgänglich ist, die Person des Betreuers selbst festlegen zu können. In Vorsorgevollmachten, die ja eigentlich die Betreuung vermeiden sollen, wird daher immer vorsorglich auch eine Betreuungsverfügung aufgenommen. Sollte das Gericht nämlich zu dem Ergebnis kommen, dass trotz bestehenden Vorsorgevollmacht ausnahmsweise eine Betreuung erforderlich ist, dann kann der Vollmachtgeber zumindest die Person des Betreuers bestimmen. Das Vormundschaftsgericht ist an die Verfügung gebunden, es sei denn, die ausgewählte Person ist als Betreuer ungeeignet.

Enthält eine Vorsorgevollmacht auch immer eine Patientenverfügung?

Nicht zwingend. Man kann die Vorsorgevollmacht mit einer Patientenverfügung verbinden, ob dies im Einzelfall sinnvoll ist, sollte man mit dem Notar erörtern. Die Vorsorgevollmacht enthält aber in aller Regel Anordnungen zur Gesundheitssorge. Der Vollmachtnehmer darf daher Entscheidungen für den Vollmachtgeber treffen, wenn es um Fragen der medizinischen Versorgung geht, also um ärztliche Eingriffe, Heilbehandlungsmethoden oder die Frage der Unterbringung.

Soll eine Patientenverfügung erstellt werden, dann ist es meines Erachtens besser, dies in einem gesonderten Schriftstück zu tun. Wenn man Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung trennt, bringt dies den Vorteil mit sich, dass man die Patientenverfügung bei Bedarf leichter wieder beseitigen kann. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Einstellung der Menschen zur Intensivmedizin im fortschreitendem Alter durchaus ändern kann. Viele Betroffene wollen daher später nicht mehr an der Patientenverfügung festhalten und diese aufheben. Hat man die Patientenverfügung dann mit der Vorsorgevollmacht verbunden, muss die gesamte Urkunde abgeändert werden, was aufwendig und kostspielig sein kann.

Kann ich die Vorsorgevollmacht widerrufen?

Vollmachten sind in aller Regel jederzeit widerrufbar. Etwas anderes gilt, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt worden ist. Dann kommt ein Widerruf nur dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt. Es ist nicht üblich und auch wenig sinnvoll, Vorsorgevollmachten unwiderruflich zu erteilen. Vielmehr wird in der Vollmacht regelmäßig klarstellend aufgenommen, dass die Vollmacht jederzeit widerrufbar ist.

Birgt eine Vorsorgevollmacht Risiken?

Vorsorgevollmachten sollen dann greifen, wenn der Vollmachtgeber seine Geschäfte nicht mehr selbst besorgen kann. Es hat sich allerdings nicht als praktikabel erwiesen, die Vollmacht im Außenverhältnis dahingehend einzuschränken, dass die Vollmacht nur wirksam ist, wenn der Vollmachtgeber in der Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist. In diesem Fall müsste der Vollmachtgeber bei Vorlage der Vollmacht nämlich jedes mal nachweisen, dass eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit vorliegt. Dies könnte er praktisch nur mit einem aktuellen ärztlichen Attest.

Vor diesem Hintergrund werden die Vorsorgevollmachten in aller Regel ohne Einschränkungen im Außenverhältnis erteilt. Lediglich im Innenverhältnis wird dem Vollmachtnehmer vorgegeben, wann er mit der Vollmacht handeln darf. In der Praxis bedeutet dies, dass der Vollmachtnehmer im Außenverhältnis Rechtsgeschäfte tätigen kann, sobald er eine Ausfertigung der Vollmacht in den Händen hält. Er kann also vor allem auch dann wirksam für den Vollmachtgeber handeln, wenn ihm dies im Innenverhältnis nicht erlaubt ist, also zum Beispiel noch gar keine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit vorliegt. Zweifellos würde sich der Vollmachtnehmer in so einem Fall gegenüber dem Vollmachtgeber schadensersatzpflichtig machen, vielleicht sogar strafbar. Das abgeschlossene Geschäft wäre aber dennoch wirksam. Insoweit besteht bei der Vorsorgevollmacht durchaus das Risiko des Missbrauchs, um so wichtiger ist es, die Vollmacht nur wirklichen Vertrauenspersonen zu erteilen.

Wie hoch sind die Kosten beim Notar?

Für die Kostenberechnung beim Notar ist das Vermögen des Vollmachtgebers maßgeblich. Notare rechnen zwingend nach Gesetz ab, und haben insoweit keinen Spielraum bei der Gebührenerhebung. Je höher das Vermögen des Vollmachtgebers ist, desto höher fallen auch die Notarkosten aus. Verfügt der Vollmachtgeber beispielsweise über Vermögenswerte von 50.000 Euro, dann liegen die Kosten bei ca. 220 Euro. Liegt das Vermögen dagegen bei 500.000 Euro, dann belaufen sich die Notargebühren auf ca. 1.140 Euro.

 

Der Autor Nils von Bergner ist Rechtsanwalt und Notar in Schenefeld bei Hamburg. Als Notar beschäftigt er sich auch regelmäßig mit allen rechtlichen Fragen rund um die Themen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung. Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, kontaktieren Sie uns gerne.

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