Strategien zur Pflichtteilsreduzierungen

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Es kommt in der erbrechtlichen Beratung vor, dass ein Erblasser den Wunsch hat, den Pflichtteilsanspruch eines Erben zu verringern oder gar auszuschließen. Meist liegt ein “Zerwürfnis“ zwischen dem Erblasser und seinem Erben vor. Der Erblasser möchte den Erbanteil der übrigen Erben unbelastet von einem Pflichtteilsanspruch eines Erben hinterlassen.

Erb- oder Pflichtteilsvertrag

Vorrangig sollte in dieser Situation eine einvernehmliche Regelung zwischen dem Erblasser und dem Erben angestrebt werden. Dazu wird der beauftragte Anwalt oder Notar vorrangig raten. Aufgrund der Testierfreiheit ist solch eine Regelung grundsätzlich möglich und hat den Vorteil, dass im Erbfall zwischen den Erben und dem Pflichtteilsberechtigten eine streitige Auseinandersetzung ausgeschlossen wird.

Die Schwierigkeit eines Abschlusses eines Pflichtteilsanspruchsverzichtsvertrages besteht darin, dass der Pflichtteilsberechtigte das Abfindungsangebot seiner Eltern oder eines Elternteils deswegen ablehnt, da er zuvor Auskunft über deren Vermögen haben will. Dazu sind die Erben jedoch häufig nicht bereit. Indes kann der Pflichtteilsberechtigte zu Recht diese Auskunft verlangen, um die Höhe eines möglichen Abfindungsbetrages bestimmen zu können. Da es sich jedoch häufig um das “ungeliebte“ Kind der Erblasser handelt, sind die Erben nicht bereit, Auskunft über ihr Vermögen zu erteilen, so dass im Ergebnis ein Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht zustande kommt.

Hier soll jedoch der Fall behandelt werden, wo sich der Erbe und die Erblasser über den grundsätzlichen Verzicht des Pflichtteils einig sind. Zunächst stellt sich in dieser Situation die Frage, ob gem. § 2346 Abs. 1 der Erbe von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird, so als hätte er zur Zeit des Erbfalles nicht mehr gelebt. Bei dieser Regelung führt der Pflichtteilsverzicht zum Verlust des Pflichtteilsrechts, des Pflichtteilsrestanspruches, § 2305, 2307 BGB und des Pflichtteilsergänzungsanspruches, § 2325 BGB.

Zu beachten ist, dass sich bei einem wirksamen Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages die Erbquoten der übrigen Erben erhöhen. Sollte also einer von drei Kindern auf sein Erbe verzichten, würde sich die Erbquote der übrigen beiden Kinder von 1/6 auf 1/4 erhöhen. Hier sollten die Erben unbedingt daran denken, nicht nur den Pflichtteilsverzichtsvertrag mit dem “ungeliebten“ Kind abzuschließen, sondern auch weitere ergänzende Verfügungen von Todes wegen vornehmen, um, soweit gewünscht, die Erhöhung von Erbquoten anderer Erben auszuschließen.

Sollte der Pflichtteilsverzichtvertrag zustandekommen stellt sich die Frage, ob sich die Wirkung des Verzichts auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt. Nach § 2349 BGB tritt diese Wirkung ein, soweit es sich bei dem Verzichtenden um einen Abkömmling handelt. Klarstellend sollte formuliert werden, dass sich der Verzicht auf den Abkömmling selbst und seine Abkömmlinge erstreckt. Zu beachten ist, dass § 1349 BGB für den Verzicht des Ehegatten nicht gilt. Soweit der Abkömmling den Verzicht gegenüber seinen Eltern allein für sich aber nicht für seine Abkömmlinge erklärt, werden diese nach § 2309 BGB gegenüber ihren Großeltern erb- und pflichtteilsberechtigt. Hieraus können ungewünschte Konsequenzen entstehen.

Form

Der Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung. § 2348 BGB.

Hierzu ist zu beachten, dass der Erblasser den Vertrag nur persönlich schließen kann, der Verzichtende jedoch durch einen Bevollmächtigten vertreten werden kann. In der Praxis wird der Notar jedoch darauf bestehen, dass beide Parteien beim Abschluss des Vertrages persönlich anwesend sind.

Auch eine Beurkundung im Rahmen eines Prozessvergleiches ist möglich, jedoch ist auch hier zu beachten, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt für den Erblasser nicht möglich ist, sondern dieser persönlich im Prozessvergleich mitwirken muss.

Abfindung

Die Abfindung als schuldrechtliches Kausalgeschäft bedarf ebenfalls der Beurkundung. Die Angemessenheit der Abfindung gehört jedoch nicht zum Aufgabenbereich des Beurkundenden. Darüber haben sich der Erblasser und der Verzichtende zu einigen.Die Abfindung ist nach der Rechtsprechung des BGH eine unentgeltliche Zuwendung. Die Abfindung ist demnach unter Berücksichtigung von Freibeträgen schenkungssteuerpflichtig. Ein Verzicht ohne eine vereinbarte Abfindung unterliegt nicht der Schenkungssteuer.