Grenzen der Zulässigkeit

Ein Ehevertrag muss sich stets im Rahmen des gesetzlich Zulässigen halten. Das bedeutet:

– Zwingende, d.h. nicht abänderbare gesetzliche Vorschriften müssen eingehalten werden. Beispielsweise ist eine Scheidung zwingend an bestimmte Scheidungsvoraussetzungen geknüpft. Diese Voraussetzungen können nicht durch einen Ehevertrag gelockert oder verschärft werden. Es kann also z.B. nicht nur ein halbes Trennungsjahr oder eine Scheidung nur bei Verschulden vereinbart werden.

– Ein Ehevertrag kann nach den allgemeinen Vorschriften des BGB angefochten werden, wenn ein Ehepartner getäuscht oder bedroht wurde oder einem Irrtum über wesentliche Vertragsbestandteile unterlag. Ein solcher Fall kommt in der Praxis selten vor.

  • In den letzten Jahren hat eine neue Überprüfung der Eheverträge durch die Familiengerichte in Form einer Inhaltskontrolle zu einer völligen Änderung der bisherigen Rechtsprechung geführt. Nach der bis Ende 2000 geltenden maßgeblichen höchstrichterlichen Rechtsprechung bestand beim Abschluss von Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen weitgehend Vertragsfreiheit. Selbst sehr weit reichende Verzichtserklärungen hinsichtlich nachehelichem Unterhalt verbunden mit dem Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs plus Vereinbarung von Gütertrennung seitens der Kinder betreuenden Ehefrau waren zulässig und wirksam. Die Verzichtserklärungen durften lediglich keine Verträge zu Lasten Dritter (des Sozialhilfeträgers) sein. Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2001 wurden die Zivilgerichte verpflichtet, Eheverträge einer strengen Inhaltskontrolle zu unterziehen, da die durch den Vertrag entstehende Lastenverteilung einen Ehepartner nicht einseitig benachteiligen- und für ihn unter verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheinen darf. Im Jahre 2004 wurde dieses Urteil durch ein erstes Urteil des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle umgesetzt. Danach sind die im Ehevertrag getroffenen Vereinbarungen einer Wirksamkeit- und einer Ausübungskontrolle zu unterziehen.
  • In der ersten Stufe der Wirksamkeitsprüfung wird geprüft, ob der Ehevertrag bereits zum Zeitpunkt des Zustandekommens zu einer evident einseitigen Lastenverteilung eines Ehepartner im Scheidungsfall führt und damit wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Ist das nicht der Fall, wird in der zweiten Stufe durch die Ausübungskontrolle geprüft, ob der aus dem Vertrag begünstigte Ehegatte aufgrund von Treu und Glauben gehindert ist, sich auf die für ihn günstigen Vereinbarungen zu berufen. Dies ist dann der Fall, wenn die Vereinbarungen zwar noch nicht bei Vertragsschluss-, jedoch später zum Zeitpunkt der Scheidung zu einer stark einseitigen Lastenverteilung führen.
  • Ergibt die auf diese Weise vom Gericht durchgeführte Inhaltkontrolle die Sittenwidrigkeit des Vertrags, ist er nichtig. Fällt er durch die Ausübungskontrolle, werden die entsprechenden Klauseln gegebenenfalls angepasst.

Das Bundesverfassungsgericht hat folgende Richtlinien zur Inhaltkontrolle aufgestellt:

  • Beide Ehepartner müssen bei Abschluss des Ehevertrages in freier Selbstbestimmung und nicht unter psychischem oder moralischem Druck handeln.
  • Es darf nicht zu einer einseitigen Dominanz bei einem Ehepartner und damit zu einer stark einseitigen Lastenverteilung beim anderen Ehepartner kommen. Indizien dafür sind, wenn zu Lasten des wirtschaftlich schwächeren Partners mehrere gesetzliche Ansprüche wie z.B. Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich oder nachehelicher Unterhalt abbedungen werden. Auch eine erkennbar intellektuelle Unterlegenheit eines Ehegatten verbunden mit seinem Verzicht auf derartige Ansprüche kann für Unwirksamkeit des Vertrages sprechen. Besonders streng werden die Fälle geprüft, bei denen Schwangere oder Kleinkinder betreuende Frauen bei der Eheschließung von ihren Partnern veranlasst werden, in weitgehende Rechtsnachteile im Falle einer Scheidung einzuwilligen.

Besteht ein Ehevertrag die durch den Richter vorgenommene Inhaltskontrolle nicht und wird er insgesamt für unwirksam erklärt, gelten die gesetzlichen Regelungen. Dass ein derartiger Vertrag (vielleicht lange) zuvor von einem Notar beurkundet wurde, spielt dann keine Rolle mehr.