Streitige Scheidung

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Von einer streitigen Scheidung spricht man, wenn entweder ein Ehegatte nicht geschieden werden will und/oder sich die Eheleute über eine oder mehrere Scheidungsfolgesachen nicht einig sind, ein Ehegatte aber bereits einen Antrag auf Entscheidung über die Folgesachen(n) gestellt hat.

Streitige Scheidung ohne Scheidungsfolgesachen:

Will ein Ehegatte vor Ablauf der dreijährigen Trennungszeit geschieden werden, der andere aber nicht, und wird auch erwartet, dass er auch weiterhin nicht in die Scheidung einwilligt, handelt es sich um eine streitige Scheidung. In diesem Fall muss das Familiengericht das Scheitern der Ehe konkret prüfen und eine Zerrüttungsdiagnose stellen Die Ehe gilt als gescheitert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und es unwahrscheinlich ist, dass die Ehegatten sie wieder herstellen. In der Praxis wird mit einer solchen Prognose großzügig umgegangen. Folgende Indizien sprechen für das Scheitern der Ehe: ernsthafter unumkehrbarer Scheidungswille eines Ehegatten, neue Beziehung zu einem neuen Partner, Auszug aus der Ehewohnung, keine emotionale Bindung der Eheleute, keine Kommunikation zwischen den Eheleuten, keine gemeinsamen Lebensvorstellungen und Pläne. Der Ehegatte, der die Scheidung beantragt, muss die Indizien darlegen und beweisen. Je nach den Umständen des Falls können bereits einzelne Indizien dazu führen, dass das Gericht die Ehe als gescheitert ansieht. Die Scheidung kann dann nach Ablauf des einjährigen Trennungsjahres, aber vor Ablauf der dreijährigen Trennungszeit auch gegen den Willen des anderen Ehepartners ausgesprochen werden.

Streitige Scheidung mit Scheidungsfolgesachen:

Häufiger ist der Fall, dass zwar beide Eheleute die Scheidung wollen, sich aber über eine oder mehrere vom Gericht im Verbund mitzuentscheidenende Folgesachen nicht einig sind. Oft gibt es Auseinandersetzungen um den Umgang mit Kindern oder um Kindes- und Geschiedenenunterhalt. Diese Form der streitigen Scheidung ist meist langwierig und für alle Beteiligten sehr kräftezehrend. Außerdem ist sie erheblich teurer als eine reine Scheidung mit Durchführung des Versorgungsausgleichs, weil für jede einzelne Folgesache ein gesonderter Verfahrenswert ermittelt wird, der wiederum die Prozesskosten in die Höhe treibt. Das neue FamFG favorisiert einvernehmliche Lösungen. Der Richter kann beispielsweise anordnen, dass die Eheleute an einem kostenlosen Informationsgespräch über Mediation teilnehmen. Geht es in der Folgesache um die elterliche Sorge bzw. den Kindesumgang, soll das Gericht „in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen unter den Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.“ Die von den Eheleuten unter Anleitung eines Mediators erarbeitete Einigung kann dann entweder als Scheidungsfolgenvereinbarung bei Gericht protokolliert – oder notariell beurkundet werden. In dem Fall wird aus einer als streitig begonnenen Scheidung eine einvernehmliche Scheidung.  Natürlich ist es auch möglich, ohne Mediator eine Scheidungsfolgenvereinbarung zu treffen. Selbst wenn eine gütliche Einigung außerhalb des Verfahrens scheitert, bleibt es den Beteiligten unbenommen, in der mündlichen Verhandlungen einen gerichtlichen Vergleich über die Folgesachen zu schließen. Scheitert auch dieser, entscheidet das Gericht durch Beschluss. Für die Antragstellung und den Antrag auf Abweisung braucht jeder Ehegatte seinen eigenen Anwalt. In der Praxis bleiben von 100 streitigen Scheidungen nur rund 10 bis zum Ende des Verfahrens streitig.