Mangelfall

Falls der Unterhaltspflichtige den eigentlich geschuldeten Unterhalt nicht zahlen kann, ist zu prüfen, ob ein sogenannter Mangelfall vorliegt. In der Praxis sind Unterhaltszahlungen insbesondere dann problematisch, wenn mehrere Kinder – eventuell aus mehreren Beziehungen – unterhaltsberechtigt sind. Oftmals würde dem Unterhaltspflichtigen nämlich weniger als sein Selbstbehalt verbleiben, wenn er die geschuldeten Unterhaltszahlungen in kompletter Höhe leisten würde.

Wenn ein unterhaltspflichtiger Vater beispielsweise ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.400,-  € hat und Unterhalt für zwei minderjährige Kinder leisten muss, kann es schnell knapp werden. Ihm steht schließlich ein Selbstbehalt von 1.000,- € zu, welcher bei kompletter Unterhaltszahlung unterschritten werden würde. Dies ist dann ein sogenannter Mangelfall. Wie verfährt man nun in einer solchen Situation? Eine eigenmächtige Kürzung der Unterhaltszahlung kann der Unterhaltspflichtige schließlich nicht vornehmen.

Unterhaltsverpflichteten trifft gesteigerte Erwerbspflicht

Zunächst wird zu prüfen sein, ob der Unterhaltspflichtige seine finanzielle Situation nicht verbessern kann. So könnte er z.B. seine monatlichen Schuldenzahlungen verringern, einen besser bezahlten Job oder sogar eine zusätzliche Nebentätigkeit aufnehmen. Eine gesteigerte Erwerbspflicht trifft den Unterhaltspflichtigen insbesondere dann, wenn er Unterhalt für mehrere minderjährige Kinder zu leisten hat. Erfüllt der Unterhaltspflichtige diese Anforderung nicht, kann unter Umständen ein fiktiv zu erzielendes Einkommen die Grundlage zur Unterhaltsberechnung bilden. Es kann dann passieren, dass unterm Strich weniger als der Selbstbehalt übrig bleibt. Lässt sich das Einkommen jedoch nicht erhöhen, ist der Unterhaltspflichtige nicht im vollen Umfang leistungsfähig. In einem solchen Mangelfall reduzieren sich dann die Unterhaltsansprüche.

Solange nur eine Person unterhaltsberechtigt ist, ist die Unterhaltsberechnung im Mangelfall relativ problemlos: Die Unterhaltshöhe wird dann auf die Differenz zwischen dem Selbstbehalt und dem zur Verfügung stehenden Einkommen beschränkt. Ein unterhaltsberechtigtes Kind würde so beispielsweise all das erhalten, was über den Selbstbehalt an Einkommen zur Verfügung steht.

Problematisch sind aber die Fälle, in denen mehrerere Kinder und eventuell noch ein Ehegatte Unterhalt für sich beanspruchen. Diese müssen das zu verteilende Einkommen in irgendeiner Weise untereinander aufteilen. Hier stellt sich dann die Frage, wer wie viel „abbekommt“.

Bei mehreren Unterhaltsberechtigten ist Rangfolge zu beachten

Zunächst muss hierbei geklärt werden, in welcher Rangfolge der Unterhalt verteilt wird. Wer in der Rangfolge vorgeht, erhält zuerst seinen vollen Unterhalt – diejenigen im schlechteren Rang müssen sich dann das restliche Einkommen teilen. Die folgende Rangfolge im Mangelfall wird gesetzlich in § 1609 BGB festgelegt:

  1. Rang: minderjährige Kinder und sogenannte privilegierte volljährige Kinder
  2. Rang: Elternteile, die einen Unterhaltsanspruch wegen Kinderbetreuung haben
  3. Rang: Ehegatten, die aus sonstigen Gründen einen Unterhaltsanspruch haben
  4. Rang: andere volljährige Kinder

Kinder des 1. Rangs und Ehegatten des 2. Rangs sind untereinander gleichberechtigt. So erhalten sowohl Kinder aus mehreren Beziehungen als auch die jeweiligen Ex-Ehepartner, die Unterhalt wegen Kinderbetreuung erhalten, die gleiche Summe als Unterhalt. Sobald jedoch das gesamte Einkommen oberhalb des Selbstbehalts für die Unterhaltsberechtigten des ersten Rangs verbraucht wurde, erhalten die weiteren Ränge keine Zahlungen mehr.