Aufstockungsunterhalt

Reichen die Einkünfte des geschiedenen Ehegatten aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht aus, um den früheren ehelichen Lebensstandard zu halten, kommt der sogenannte Aufstockungsanspruch in Betracht. Diese Form des nachehelichen Unterhalts kommt in der Praxis recht häufig vor. Aufstockungsunterhalt bedeutet dabei, dass das jetzige eigene Einkommen mit dem während der Ehe zur Verfügung stehenden Einkommen verglichen, und um eine eventuelle Differenz aufgestockt wird. Der besser verdienende Partner stockt damit das Einkommen des schlechter verdienenden Ehegatten auf.

Problematisch ist dabei häufig, dass der Aufstockungsunterhalt auf die früheren ehelichen Verhältnisse abstellt. Der Unterhaltsberechtigte hat damit den Anspruch, so weiter zu leben wie bisher – meist aber nur zeitlich begrenzt. Seit der Reform des Unterhaltsrechts in 2008 hat der Gesetzgeber festgelegt, dass es keine sogenannte dauerhafte Lebensstandardgarantie mehr geben soll. So ist jeder der Ehepartner nach der Scheidung grundsätzlich verpflichtet, seinen Lebensunterhalt selber zu besorgen. In vielen Fällen müssen sich Geschiedene daher mit der Verschlechterung ihrer finanziellen Situation abfinden.

Allerdings besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein zumindest vorübergehender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Nämlich dann, wenn die eigenen Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht ausreichen, um nach den ehelichen Verhältnissen zu leben, kann die Aufstockung verlangt werden. Dabei kann auch auf einen früheren Zeitpunkt nach der Scheidung abgestellt werden, etwa wenn noch nachehelicher Unterhalt wegen Kindesbetreuung gezahlt wurde. Fällt dieser aufgrund des Alters des Kindes weg, kann der damalige Lebensstandard als Maßstab zu Ermittlung des Aufstockungsunterhaltes genommen werden.

Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt besteht jedoch nur, wenn der Geschiedene ehebedingte Nachteile darlegt und beweist oder wenn die Ehe von langer Dauer war. Eheliche Nachteile liegen insbesondere dann vor, wenn – klassischer Weise – die Frau aufgrund der jahrelangen Kinderbetreuung weniger Geld in ihrem gelernten Beruf verdient, als es vor der Ehe der Fall war. Dazu muss vortragen und belegt werden, dass der eheliche Nachteil besteht. Waren schlechte berufliche Chancen von vornherein schon absehbar, kann sich dies negativ auf den Aufstockungsunterhalt auswirken. Dagegen werden die durch die Kindeserziehung entstandenen Nachteile verhältnismäßig einfach nachzuweisen sein.

Außerdem macht es bei der Bemessung des Aufstockungsunterhalts einen wesentlichen Unterschied, ob die Ehe fünf oder 30 Jahre bestanden hat. Als Faustregel gilt dabei: je länger die Ehe bestand, desto eher wird Aufstockungsunterhalt gewährt. Mit der Länge der Ehe sind meist auch die ehelichen Nachteile gestiegen. Oftmals wurden die eigenen Pläne während der Ehe zurückgestellt, um direkt oder indirekt die Karriere des Ehepartners zu fördern.

Schließlich ist erforderlich, dass der begehrte Aufstockungsunterhalt mehr als 10% über seinem eigenen bereinigten Nettoeinkommen liegt. Die Differenz der Einkommen muss daher eine gewisse Intensität aufweisen, damit ein Unterhaltsanspruch entsteht.