Billigkeitsunterhalt

Der sogenannte Billigkeitsunterhalt wird in absoluten Ausnahmefällen gewährt. Wenn ein schwerwiegender Grund besteht, weswegen ein Ehegatte auch nach der Scheidung nicht arbeiten kann, steht ihm unter Umständen Billigkeitsunterhalt zu. Dazu muss die Versagung eines Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Interessen beider Ehegatten grob unbillig sein. Kurz gesagt kommt es darauf an, ob es ungerecht erscheint, dass kein Unterhalt gezahlt wird. Dazu kann auch das Trennungsverhalten der Beteiligten berücksichtigt werden. Hat insbesondere das Verhalten eines Ehegatten zum Scheitern der Ehe geführt, kann sich das positiv oder negativ auf den Unterhaltsanspruch auswirken.

Typische Fälle, in denen Billigkeitsunterhalt in Betracht kommt, sind etwa:

  • die Betreuung von Kindern des anderen Ehegatten, von Enkelkindern oder Pflegekindern
  • kein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit, da die gesundheitliche Beeinträchtigung erst nach der Scheidung aufgetreten ist
  • besondere Leistungen für den früheren Ehegatten, etwa jahrelange unentgeltliche Tätigkeit in dessen Unternehmen, die Pflege der Schwiegereltern oder ein großes Vermögensopfer, damit eine Existenzgründung aufgenommen werden kann

Der Billigkeitsunterhalt ist eine Art Auffangtatbestand – so soll gerade in bestimmten Notsituationen eines Ehepartners Unterhalt gewährt werden. Begründet wird dies mit der ehelichen Solidarität und damit, dass der unterhaltspflichtige Partner oft vom Opfer des anderen in gewisser Weise profitiert hat. Insbesondere sollen aber solche Fälle vom Billigkeitsunterhalt erfasst werden, bei denen zwar kein Unterhaltsanspruch nach einem anderen Unterhaltstatbestand vorliegt, es aber gleichzeitig unbillig wäre, keinen Unterhalt zu gewähren. Nur wenn kein anderer Unterhaltsanspruch in Betracht kommt oder zeitlich abgelaufen ist, kommt der Billigkeitsunterhalt in Betracht. Der Billigkeitsunterhalt ist damit von nachrangiger Natur. Entscheidend ist hauptsächlich die tatsächliche Situation nach der Scheidung. Der Gesetzgeber versucht mit dem Billigkeitsunterhalt eventuelle Regelungslücken zu schließen. Soweit und solange einem Ehegatten aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, ist die Unterhaltszahlung zu leisten.

Der Unterhalt kann aber grundsätzlich sowohl zeitlich als auch der Höhe nach begrenzt werden. Wichtig ist, dass der Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen schnellstmöglich geltend gemacht wird. Es spielt bei der Gewährung des Billigkeitsunterhalts eine erhebliche Rolle, wie lange ein anderer Unterhaltsanspruch bereits beendet war. Je später der Billigkeitsunterhalt geltend gemacht wird, desto unwahrscheinlicher wird auch seine Gewährung.

Sollte insbesondere einer der oben genannten Sonderfälle zutreffen, sollte schnellstmöglich ein Rechtsanwalt aufgesucht werden. Billigkeitsunterhalt wird zwar regelmäßig nur in seltenen Fälle gewährt – ein Versuch sollte trotzdem gewagt werden.