Verdachtskündigung: kein Recht auf Anwalt bei der Anhörung

Bevor ein Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann, muss er die bestehende Vorwürfe gegenüber dem Arbeitnehmer gründlich prüfen. Das gilt in besonderem Maße, wenn es sich um eine bloße Verdachtskündigung handelt. Das LAG Köln hatte jetzt einen Fall mit interessanter Gemengelage zu entscheiden. (Urteil des LAG Köln vom 06.07.2018,
Az: 9 TaBV 47/17)

Verdachtskündigung: wenn Festplatten verschwinden

Der Mitarbeiter arbeitete als Lagerist in einem Großhandel für Computerzubehör. Im Laufe eines Monats kamen Festplatten in einem Gesamtwert von über 20.000 EUR abhanden. Auf den Aufzeichnungen der Überwachungskameras war zu erkennen, dass der Mitarbeiter mit den Festplatten hantierte, es war jedoch nicht zu sehen, dass er diese auch an sich brachte. Der Arbeitgeber ging aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass der betreffende Mitarbeiter die Festplatten entwendet haben musste und wollte deshalb eine verhaltsbedingte Verdachtskündigung aussprechen.

Besonderer Schutz eines Betriebsratsmitglieds

Besondere Brisanz hatte der Fall deshalb, weil der unter Verdacht stehende Mitarbeiter auch Mitglied des Betriebsrats war. Betriebsratsmitglieder können nämlich nicht einfach fristlos gekündigt werden. Vor Ausspruch der Kündigung ist der Betriebsrat nicht nur zwingend anzuhören, dieser muss der beabsichtigten Kündigung auch zustimmen. Geschieht dies, wie im vorliegenden Fall, nicht, dann muss der Arbeitgeber die fehlenden Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung zunächst gerichtlich ersetzen lassen.

LAG: keine Recht des Angestellten auf einen Anwalt bei der Anhörung

Das zuständige Landesarbeitsgericht in Köln kam zu dem Ergebnis, dass die beabsichtigte Kündigung rechtmäßig wäre. Die Richter wiesen darauf hin, dass bei einer Verdachtskündigung gerade nicht der Vollbeweis einer Straftat erbracht werden müsse. Es reiche vielmehr aus, wenn aufgrund objektiver Tatsachen eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Straftat tatsächlich begangen worden sei. Dies sein im vorliegenden Fall zu bejahen, ein Festhalten des Arbeitgebers am Arbeitsverhältnis sei diesem insoweit nicht zumutbar gewesen.

Eine besondere Voraussetzung der Verdachtskündigung besteht darin, dass der betroffene Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung angehört und mit den Vorwürfen konfrontiert werden muss. Der Arbeitnehmer soll so die Möglichkeit erhalten, sich zu dem Verdacht zu äußern und entlastende Tatsachen vorzubringen. Wird der Arbeitnehmer nicht entsprechend angehört, dann liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör, der in aller Regel zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Vorliegend hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Anhörungsgespräch gebeten, dieser hatte das Gespräch jedoch verweigert, weil er nicht wie gewünscht seinen Anwalt hinzuziehen durfte.

Nach Ansicht des LAG lag kein Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör vor. Der Arbeitnehmer habe nämlich grundsätzlich keinen Anspruch darauf, zu dem Anhörungsgespräch einen Rechtsbeistand bei zu ziehen. Dadurch, dass der Arbeitnehmer die Teilnahme verweigert habe, sei das Gespräch komplett überflüssig geworden.

Macht Videoüberwachung die Kündigung unwirksam?

Schließlich konnte sich das Gericht auch nicht der Ansicht des Mitarbeiters anschließen, wonach die Kündigung aufgrund der Videoüberwachung fehlerhaft gewesen sein sollte. Der Mitarbeiter hatte sich insoweit auf ein Beweisverwertungsverbot berufen. Er führte dazu aus, die Kameras seinen nur installiert worden, um mögliche Kundendiebstähle aufzuklären.

Das LAG wies in seinem Urteil darauf hin, dass die Videoüberwachung dem Mitarbeiter bekannt gewesen sei, zudem habe auch der Betriebsrat der Installation der Kameras grundsätzlich zugestimmt. Vor diesem Hintergrund könne man nicht davon ausgehen, dass im vorliegenden Fall ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte vorgelegen habe.

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die Rechtsansichten des LAG Köln teilt, Rechtsmittel wurde eingelegt.