Videoüberwachung: BAG stärkt Rechte der Arbeitnehmer

 

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Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat in einer aktuellen Entscheidung erneut die Rechte der Arbeitnehmer bei Videoüberwachungen durch den Arbeitgeber gestärkt.

Zweifel an Krankheit: Arbeitgeber ordnet Videoüberwachung an

Nach einem Streit mit ihrem Arbeitgeber war eine Angestellt über einen Zeitraum von ca. Monaten krank geschrieben. Der Arbeitgeber hatte Zweifel an einer tatsächlichen Erkrankung und vermutete, das Fernbleiben habe mit der vorangegangenen Auseinandersetzung zu tun. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin einen Privatdetektiv, der die Mitarbeiterin überwachen sollte. Im Rahmen der ausgeführten Observation fertigte der Detektiv dabei auch Videoaufnahmen, die die Mitarbeiterin vor allem in Alltagssituationen zeigten. Nach vier Tagen der Überwachung sprach der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus und schickte der Arbeitnehmerin zudem die Rechnung für den Detektiveinsatz. Er war der Überzeugung, dass die Videoaufnahmen den Nachweis erbringen würden, dass die Mitarbeiterin nicht wie von dem Arzt bescheinigt, an einem Bandscheibenvorfall leiden könne.

Videoüberwachung: Arbeitnehmerin verlangt Schmerzensgeld

Die Arbeitnehmerin Ihrerseits erhob Kündigungsschutzklage und verlangte darüber hinaus 10000 Euro Schmerzensgeld. Die heimliche Videoüberwachung empfand sie als schwerwiegenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Sie habe psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, da sie sich in der Folgezeit verfolgt gefühlt habe.

Bundesarbeitsgericht: Videoüberwachung nur in engen Grenzen zulässig

Das Bundesarbeitsgericht hat der Arbeitnehmerin jetzt weitestgehend Recht gegeben. Nach Ansicht der Erfurter Richter darf ein Arbeitgeber eine entsprechende Observation durch einen Detektiv nur anordnen, wenn es konkrete Hinweise darauf gibt, dass der Arbeitnehmer seine Krankschreibungen nur vortäuscht. Bloße Vermutungen, wie in dem vorliegenden Fall, reichten dafür indes nicht aus. Ob in Fällen des hinreichenden Verdachtes indes eine heimliche Videoüberwachung zulässig ist, hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen. In dem konkreten Fall stellten sich die Aufnahmen jedenfalls als rechtswidrig dar, so dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin auch Schmerzensgeld wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrecht zahlen musste. Allerdings erachteten die Richter einen Betrag von 1000 Euro als angemessen und blieben damit deutlich unter den Forderungen der Angestellten.

Bedeutung für die Praxis

Auch diese Urteil stärkt die Rechte der Arbeitnehmer, wenn um Fragen der arbeitgeberseitig veranlassten Überprüfung geht. Schon zuvor galten hohe Hürden für die Videoüberwachung. Diese kommt grundsätzlich nu dann in Betracht, wenn es konkrete Verdachtsmomente gibt und sich die Maßnahme als letztmögliches Mittel darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt zudem konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine Detektiv eingeschaltet werden kann. Im Hinblick auf das Risiko, dass der Arbeitgeber künftig die hohen Kosten für den Detektiveinsatz nicht mehr so einfach auf die Angestellten abwälzen können wird, dürften die Arbeitgeber zurückhaltender mit entsprechenden Maßnahmen umgehen.