Dashcam: wann ist der Einsatz erlaubt?

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Dashcams in Autos werden immer beliebter – juristisch ist ihr Einsatz aber noch nicht ganz klar. So versprechen sich Juristen und Versicherungen eine schnelle Schadensklärung, Datenschützer wiederum machen sich Sorgen um die Privatsphäre anderer Verkehrsteilnehmer.

In immer mehr deutschen Autos hängt aber mittlerweile die sogenannte Dashcam. Die Kameras sind hinter der Windschutzscheibe befestigt und zeichnen das Geschehen auf der Straße aus Sicht des Fahrers permanent auf. Kommt es dann zu einem Verkehrsunfall, kann das gefilmte Material vor Gericht helfen, den Unfallverlauf und damit die Schuldfrage zu klären. Auch im Bereich des Verkehrsstrafrechts können die Aufzeichnungen von Nutzen sein, etwa dann, wenn sie den Fahrer von dem Vorwurf einer Straftat entlasten können.

Die fortlaufende Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens wirft allerdings massive datenschutzrechtliche Fragen auf. Die Videoaufzeichnungen der Dashcam verletzen möglicherweise die Privatsphäre anderer Autofahrer und Passanten. Insbesondere, wenn einige Videosequenzen später im Internet auftauchen – dieser Trend aus Osteuropa greift auch hierzulande immer mehr um sich.

Dashcam: Datenschützer haben Bedenken

Viele Juristen vertreten daher die Ansicht, dass die permanente Aufzeichnung der Dashcams nach dem Bundesdatenschutzgesetz unzulässig ist. Konsequenterweise sollten Videoaufnahmen bei späteren Rechtsstreitigkeiten auch nicht als Beweis herangezogen werden dürfen. Das deutsche Recht regelt den Einsatz der kleinen Kameras bisher jedoch nicht eindeutig. Diese Frage ist auch noch nicht höchstrichterlich und damit abschließend entschieden worden. So gibt es Gerichte, die den Videobeweis anerkennen – andere wiederum wollen von Dashcams nichts wissen. Da es momentan keine Regelung gibt, welche etwas zur Beweismitteltauglichkeit von Dashcams aussagt, kann jedes Gericht selber entscheiden, wie es mit dem Videomaterial der Dashcams verfährt. So entschieden in 2014 beispielsweise Amtsgerichte in München und in Köln unterschiedlich. Das Amtsgericht Köln nutzte die Aufzeichnungen der Dashcam um den Unfallverlauf nachzuvollziehen zu können, da die Beteiligten sich gegenseitig belasteten. Mit Hilfe der Aufzeichnungen konnte ohne Zweifel bestimmt werden, wer der Unfallverursacher war. Auf diese Weise konnte das Gericht auf den Einsatz eines Gutachters verzichten. Das Amtsgericht München wiederum akzeptierte die Dashcam-Aufzeichnung nicht als Beweis und griff auf die üblichen Mittel der Beweisfindung zurück. Das Landgericht Hamburg hat in einem von uns geführten Verfahren im Jahre 2011 die Videoaufzeichnung eines Taxifahrers ausgewertet, diese im späteren Urteil jedoch nicht zugrundegelegt.

Es ist in Deutschland aber nicht grundsätzlich verboten, eine Dashcam im Auto installiert zu haben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist die Benutzung theoretisch allerdings nur erlaubt, wenn die Kamera unmittelbar vor oder während einer Gefahrensituation eingeschaltet wird. Eine solche Benutzung ist aber quasi gar nicht zu realisieren. So denkt kein Autofahrer in einer Gefahrensituation zuerst daran, die Dashcam einzuschalten. Am sinnvollsten scheint es daher, das Verkehrsgeschehen permanent aufzuzeichnen. Gleichzeitig hat aber jeder das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, anlasslos von einer Dashcam gefilmt und damit überwacht zu werden. So darf selbst die Polizei nur unter strengen Voraussetzungen Videokameras einsetzen. Hierin liegt also genau der Knackpunkt: effektive Nutzung der Dashcam vs. Datenschutz.

Es lässt sich aber hoffen, dass in dieser Frage demnächst eine klare Regelung erfolgt. Der diesjährige Deutsche Verkehrsgerichtstag hat sich auch mit dem Phänomen der Dashcams befasst und die Diskussion endgültig ins Rollen gebracht. So sind sich zumindest Dashcam-Befürworter und Dashcam-Gegner einig, dass zeitnah verbindlich geregelt werden sollte, wie die Videobeweise verwendet werden dürfen.

Dashcam: OLG lässt Aufnahmen als Beweismittel zu

In einer aktuelle Entscheidung hat jetzt erstmals ein Oberlandesgericht Videoaufzeichnungen einer Dashcam als Beweismittel zugelassen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2016 – Aktenzeichen 4 Ss 543/15). In dem zugrunde liegenden Fall war ein Autofahrer aufgrund der Dashcam-Aufzeichnungen eines anderen Verkehrsteilnehmers eines Rotlichtverstoßes überführt worden. Das zuständige Amtsgericht hatte das Video als Beweismittel zugrunde gelegt und den Täter verurteilt. Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde vor dem OLG blieb erfolglos. Die Richter sind der Ansicht, dass dies im Falle schwerwiegender Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich möglich sein müsse. Allerdings nahm das Gericht auch eine Abwägung hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte des Täters vor, kam aber zu dem Ergebnis, dass diese durch die Zulassung des Videos nur geringfügig beeinträchtigt worden sein.  

Für die Frage, inwieweit Aufzeichnungen von Dashcams auch in zivilrechtlichen Verfahren, insbesondere bei Unfällen, verwendet werden können, hat das Urteil allerdings kaum Relevanz.

Dashcam: unsere Nachbarn tun sich nicht so schwer

Explizit erlaubt ist der elektronische Beifahrer übrigens bei unseren Nachbarn in Dänemark und den Niederlanden sowie in Italien und Spanien. In Großbritannien gewähren einige Kfz-Versicherer sogar Rabatte, wenn eine Dashcam im Auto installiert ist.