Wird eine Abfindung auf Hartz IV angerechnet?

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Fast jedes Kündigungsschutzverfahren endet mit der Zahlung einer Abfindung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, auch wenn es hierfür fast nie eine Anspruchsgrundlage gibt. Der Arbeitgeber trägt das Prozessrisiko, dass er den Arbeitnehmer weiter beschäftigen und Lohn nachzahlen muss. Mit der Abfindung umgeht er dieses Risiko, er kauft dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis so zusagen ab.

Für den Arbeitnehmer stellen sich im Rahmen der Abfindungszahlung immer wieder Fragen zu Versteuerung und Anrechnung auf mögliche staatliche Leistungen. Bezieht der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld I, dann ist dies in aller Regel unproblematisch. Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (gerichtlicher Vergleich oder Aufhebungsvertrag) die für ihn konkret geltende Kündigungsfrist verkürzt hat. Dies führt dann in aller Regel zu einem Ruhenstatbestand, der Anspruch auf den Bezug von ALG I verschiebt sich nach hinten. Wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, muss der Arbeitnehmer zudem mit einer Sperrfrist rechnen, da er die Beendigung des Arbeitsverhältnis mitverursacht hat.

Bundessozialgericht: Abfindung ist kein privilegiertes Einkommen

Anders ist die Situation dagegen beim Bezug von Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Bezieht der Arbeitnehmer entsprechende Leistungen, dann wirkt sich dies erheblich ungünstiger auf eine Abfindungszahlung aus. Zunächst muss unterschieden werden, wann genau dem Arbeitnehmer die Abfindung zufließt. Wird die Abfindung vor der Beantragung von ALG II ausgezahlt, dann ist sie Vermögen des Antragstellers einzustufen, es gelten dann Freibeträge zugunsten des Arbeitnehmers, die in § 12 SGB II geregelt sind. Schlechter sieht es dagegen aus, wenn die Zahlung der Abfindung erst nach Antragstellung erfolgt. Die Abfindung ist dann nämlich als Einkommen zu qualifizieren und damit grundsätzlich anzurechnen. Etwas anders gilt nur dann, wenn die Abfindung als sogenannten zweckbestimmte Einnahme i.S.d. § 11 SGB II zu qualifizieren wäre. Das Bundessozialgericht hat jedoch schon im Jahre 2009 entschieden (Urteil vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 47/08 R), dass Abfindungen nicht als zweckgebundene Leistungen im Sinne des Gesetzes anzusehen seien, da die Arbeitnehmer darüber grundsätzlich frei verfügen können. Das Gericht stellte in dem Urteil zudem klar, dass es für die Frage der Einstufung der Abfindung als Vermögen oder Einkommen auf den Zeitpunkt der Zahlung ankomme und nicht darauf, wann der Anspruch entstanden sei.

Verlängerung des Arbeitsverhältnisses kann bessere Lösung sein

Wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung aushandelt, sollte er die Frage eines möglichen Bezugs von ALG II daher immer im Auge haben. Im Einzelfall kann es die bessere Lösung sein, statt einer Abfindung, die möglicherweise später komplett oder weitestgehend angerechnet wird, auf eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mit entsprechendem verlängertem Lohnbezug hinzuwirken.